Katholische und evangelische Religionslehre

ReligionReligionsunterricht: RELEVANT, EXISTENZIELL, KOMPETENZORIENTIERT!

Einer fragte Herrn K., ob es einen Gott gäbe.

Herr K. sagte: "Ich rate dir, nachzudenken, ob dein Verhalten je nach der Antwort auf diese Frage sich ändern würde. Würde es sich nicht ändern, dann können wir die Frage fallen lassen. Würde es sich ändern, dann kann ich dir wenigstens noch so weit behilflich sein, dass ich dir sage, du hast dich schon entschieden:

Du brauchst einen Gott."

Bertolt Brechts „Geschichte vom Herrn Keuner“ führt direkt in das Herz aktuellster religionspädagogischer Fragen. Der Leser weiß nicht, ob der „eine“ Fragesteller ein religiöser Mensch ist. Erkennbar aber ist, dass seine Frage philosophisch auf die Seinsebene zielt: Reine Theorie! Herrn K.s Antwort verweist auf die Auswirkungen des Glaubens in der Wirklichkeit. Kein Mensch glaubt in einem luftleeren Raum jenseits von Beziehungen. Und: Glaube muss Folgen haben, sonst wäre er irrelevant!

  1. Dem konfessionellen RU kommt eine zentrale Rolle bei der Ausbildung einer religiösen Identität zu, da es das Christentum nur in unterschiedlichen historischen Ausprägungen gibt und nicht am Reißbrett. Allerdings gelingt diese Identitätsbildung nur in einem Konfessionsverständnis mit ökumenischer Offenheit. In Hohenschwangau wird daher seit über zwei Jahrzehnten im evangelischen und katholischen RU sowie in der Fachschaftsarbeit besonders auf die gute ökumenische Zusammenarbeit wertgelegt.
  2. Sowohl im Fachprofil des evangelischen wie des katholischen RU hat die Befähigung zum pluralitätsfähigen Umgang der Lernenden untereinander größtes Gewicht. Die Fähigkeit, populistische, islamophobe und antisemitische Denkfiguren zu entlarven, setzt eine Sensibilität für die unterschiedlichen Weltzugänge voraus. Dann erst kann eine entschiedene Deutung des religiösen Weltzugangs durch mündige Christen erfolgen.
  3. Der RU war und bleibt daher kompetenzorientiert, womit vom Umgang mit der Bibel bis zur reflektierten Positionierung in ethischen Fragen eine Konzeption des Unterrichts von den Schülern her gegeben ist. Dies bedeutet keine „Ethisierung des Christentums“, keine Reduktion des RU auf Ethik! Wohl aber bedeutet es eine Ablösung eines auf Spiegelstrich-Wissen reduzierten RUs, der seine konkrete ethische Dimension verschweigt. Der RU wird das kategorische Kriterium der Humanität immer anders unterfüttern als der Ethikunterricht. Ein konfessionell-christlicher Blick auf die Welt schenkt den Lernenden in ihrer Gottesbildlichkeit Vertrauen und Verantwortungsfreude. Denn der Mensch ist als „Bild“ des unverfügbaren Gottes selbst unverfügbar und repräsentiert im Lebenshaus der Schöpfung Gott: Jegliche Instrumentalisierung des Menschen durch den Menschen erweist sich aus biblischer Sicht als im Wortsinne „gott-los“. Das biblisch-christliche Menschenbild denkt also groß vom Menschen. Ein RU, eine Theologie mit Kindern und Jugendlichen wird daher über den reinen Wissensvorsprung des Lehrenden hinweg erlebbar machen, dass der Mensch für den Christen immer Subjekt des Handelns und Denkens bleibt und nie als Objekt missbraucht werden darf. Die Lernenden ihrerseits werden ihre Gottesbildlichkeit als Chance zur Mitarbeit und Gestaltung begreifen müssen, denn ein Berieseln-Lassen ist unter ihrer Würde.

Der religionspädagogische Imperativ eines kompetenzorientierten RU lautet: Unterrichte stets so, dass die Maxime deines Unterrichts Schüler neugierig macht und sie befähigt, sich in der komplexen Welt der Moderne nicht mit unterkomplexen Antworten zufrieden zu geben.

Eine weitere Keuner-Geschichte geht so: Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: "Sie haben sich gar nicht verändert." "Oh!" sagte Herr K. und erbleichte.

Freuen wir uns also auf unsere Begegnungen, Veränderungen und Herausforderungen, damit wir nicht erbleichen müssen!

StDin Sabine Thilemann, StD Georg Grimm
Fachbetreuerin für evangelische Religionslehre, Fachbetreuer für katholische Religonslehre


Besuch Pfarrerin Pfirsch, JVA Kempten

Am 08.07.22 besuchte Frau Pfirsch, Pfarrerin in der JVA Kempten, die Klasse 10 EV. Sie schilderte den Schülerinnen und Schülern in einem kurzen Vortrag, wie der Alltag im Gefängnis aussieht – gerade auch aktuell in der Corona-Zeit - und wie sie ihre Rolle dort wahrnimmt. Im Anschluss konnte die 10 EV noch ausgiebig Fragen stellen. Somit war es eine rundum gelungene und sehr informative Veranstaltung, die sich sicherlich noch einmal wiederholen wird.